Ein Bild sagt mehr als tausend Worte... - oder etwa doch nicht?

Ich tue etwas Unübliches: ich werde zukünftig meine Bilder erklären. Warum? Weil ich verstanden werden möchte.

Moderne Kunst wird häufig als irritierend empfunden - und oft wenig erklärt

Wenn ich mit Freunden und Bekannten spreche, so wirkt Kunst auf diese oftmals abschreckend, vor allem moderne Kunst. Aber warum ist das so? Häufig höre ich den Kommentar: "Ich verstehe nichts von Kunst!"

 

Und ehrlich: Das kann ich wiederum gut verstehen! Grundsätzlich würde ich mich sogar anschließen. Sich ein umfassendes Bild von "Kunst" zu machen ist schwierig, braucht Zeit und überhaupt erst einmal eine Idee, wo man anfangen soll.

Dazu kommt noch, dass ich durchaus zeitgenössische Künstler*innen kenne, die es grundsätzlich ablehnen, etwas Erklärendes zu ihren Kunstwerken zu sagen. Ein Bild etwa solle schließlich für sich sprechen und wenn man es hätte mit Worten ausdrücken können, hätte man kein Bild daraus gemacht, so die Aussagen.

 

Das ist natürlich eine legitime Haltung und jeder kann das für seine Kunst entscheiden, aber meine ist es nicht.

Kunst ist immer ein Kommunikationsangebot und kein Selbstzweck

"Man kann nicht nicht kommunizieren!"

Paul Watzlawick

Da ich aus der Pädagogik komme, ist Kommunikation für mich immer ein wichtiges Thema. Wie Paul Watzlawick sagt: "Man kann nicht nicht kommunizieren!", so denke ich, ist es auch mit der Kunst. Jedes Kunstwerk ist Ausdruck der jeweiligen Künstler*innen und damit auch ein Kommunikationsangebot.

Kunst ist für mich kein Selbstzweck, so wie nichts auf der Welt reiner Selbstbezug sein kann, sondern immer im Bezug zur Welt steht. Wie sich die Kommunikation vollzieht, das kann dann unterschiedlich sein. Im Rahmen der Kunst handelt es sich sicherlich zunächst um eine sinnlich-ästhetische Erfahrung. Aber kann es dabei bleiben?

Manchmal vielleicht. Manchmal berührt mich ein Kunstwerk vielleicht auf einer Ebene, die ich zunächst nicht erklären kann (obwohl sich sicherlich auch dafür Gründe finden ließen, denn wir bringen alle unsere Geschichte mit und stellen jede neue Erfahrung in den Kontext der vergangengen Erfahrungen). Aber nicht immer wird man sofort berührt und der Zugang zu manch einem Kunstwerk mag auch nicht einfach sein.

Allein die sinnlich-ästhetische Wahrnehmung reicht für ein Verstehen oft nicht aus

Ich persönlich habe mich letztes Jahr anlässlich des 100. Geburtstages von Joseph Beuys erstmalig genauer mit ihm beschäftigt. Vorher konnte ich, ehrlich gesagt, mit seiner Kunst nicht viel anfangen. Der alleinige sinnlich-ästhetische Eindruck einer "Fettecke" hat dafür nicht ausgereicht, ihn und sein Werk zu verstehen. Das Lesen seiner Biographie hat mich dahin gebracht, vieles neu zu kontextualisieren und besser nachvollziehen zu können.

 

Nun möchte ich mich bestimmt nicht mit Joseph Beuys vergleichen und allen, die sich für meine Bilder interessieren, kann ich beruhigend sagen: aufgrund meiner mangelnden Bedeutung auf dem Kunstmarkt, musst du keine Biographie von mir lesen, um meine Bilder zu verstehen ;-)

Aber ich stelle die These auf, dass die geringe Anzahl der Kunstinteressierten heute, sich teilweise auch darauf zurückführen lässt, dass eine sinnlich-ästhetische Wahrnehmung eines Kunstwerkes alleine nicht immer ausreicht, Interesse zu wecken und einem gleichzeitig ein anderer Zugang nicht immer leicht gemacht wird. Das möchte ich für meine Bilder zumindest vermeiden.

Verstehen ist die Basis für Gemeinsames - in der Kunst wie im zwischenmenschlichen Leben

Ich glaube nicht, dass ich durch eine Erklärung das "Geheimnis" meiner Bilder lüfte und sie dadurch schwächer in der Wirkung werden, denn auch das Gegenteil könnte der Fall sein. Schließlich wäre es für mich nicht logisch, denn wenn ich beispielsweise einen Menschen besser kennenlerne, so bleibt dieser dennoch immer irgendwo ein Geheimnis, aber ich lerne ihn in seinem Kontext zu verstehen.

 

Und würde ich ihm denn gerecht werden, wenn ich mich nicht um das Verständnis bemühte? Gleichzeitig werde ich, meines Erachtens, aber auch als Künstler*in und generell als Mensch einem Gegenüber nicht gerecht, wenn ich mich nicht bemühe, dass ich verstanden werden kann. Dann können wir zwar wunderbar nebeneinander her leben, aber wir werden nie Gemeinsames sein und Gemeinsames schaffen und uns auch nicht gemeinsam weiterentwickeln.

Fazit

"Der Spott endet, wo das Verständnis beginnt."

Marie von Ebner-Eschenbach

Letztlich bin ich der Überzeugung, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Interesse und Verständnis gibt. Ich werde kaum für etwas (oder jemanden) Verständnis aufbringen, wenn es (oder jemand) mich nicht interessiert, denn dann werde ich mich gar nicht erst damit (bzw. mit der Person) auseinandersetzen. Umgekehrt ist es nicht wahrscheinlich, dass ich mich für etwas (oder jemanden) interessiere, bei dem ich nicht den Hauch einer Chance sehe, es (oder denjenigen) verstehen zu können. Denn dann bleibt mir der Zugang verschlossen.

Auf welcher Ebene ein Verständnis zustandekommt, ist meines Erachtens nicht ausschlaggebend, ob nun sinnlich wahrnehmbar oder kognitiv erfassbar. 

Marie von Ebner-Eschenbach hat einmal gesagt: "Der Spott endet, wo das Verständnis beginnt." Und so ist es meiner Meinung nach wichtig, noch mehr Energie in das Verstehen zu setzen, in der Kunst, im eigenen Leben und in der Welt. Wir könnten noch mehr Verständnis gebrauchen, oder nicht?

 

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